Beim letzten Mal habe ich über meine zutiefst persönlichen Erfahrungen mit Familie und Freundschaften gesprochen und warum Letztere für mich die wichtigste Beziehung ist. Heute möchte ich darauf aufbauend ein praktisches Thema anschließen, das Dir mehr Klarheit verschafft und Dir konkrete Strategien an die Hand gibt, um alle Deine Beziehungen – ob zu Freunden, Familie oder Partnern – zu verbessern.
Zunächst einmal: Nur weil Deine Beziehung ein paar der 10 Anzeichen für eine kaputte Beziehung aufweist, heißt das noch lange nicht, dass sie nicht zu retten ist! Fast jede Beziehung kann repariert werden und die meisten sind es auch wert, es zu versuchen!
Folgende Voraussetzungen sollten erfüllt sein: Ihr BEIDE seid bereit ungefähr die gleiche Menge an Arbeit zu investieren und haben ähnliche Erwartungen & Ziele für die Zukunft der Beziehung.
Fast immer ist die Kommunikation das größte Problemkind -zu wenig, unehrlich oder missverständlich – das kann dazu führen, dass die Botschaft nicht ankommt. Die gute Nachricht: Ehrliche, klare und konstruktive Kommunikation kann gelernt werden.
Ein wichtiger Punkt gleich zu Beginn: Du kannst und solltest Probleme Deines Gegenübers nicht für ihn lösen. Du kannst niemanden verändern, so wie Du ihn gerne hättest, und Du kannst auch niemanden „retten“ oder „die Augen öffnen“- auch wenn es manchmal verlockend ist!
Die Person muss selbst bereit sein, die notwendigen Veränderungen anzustoßen.
Natürlich gibt es auch Situationen, in denen es besser ist, den Kontakt zu beenden – etwa bei toxischen Beziehungen, in denen einer oder beide Partner emotional schädlich, manipulierend oder kontrollierend sind. Solche Verhaltensweisen untergraben das Selbstwertgefühl und schaden der emotionalen und geistigen Gesundheit.
Warnzeichen für diese könnten sein: physische/verbale Gewalt, extreme Kontrolle & Eifersucht, bewusste Manipulation und fehlender Respekt.
Die 10 Anzeichen für eine kaputte Beziehung
1.
Dein Gegenüber erfüllt Deine Grundbedürfnisse nicht.
Gesunde und realistische Kompromisse gehören zu jeder positiven Beziehung. Beide Seiten können nur dauerhaft glücklich bleiben, wenn sie das Gefühl haben, dass ihre wichtigsten Grundbedürfnisse wahrgenommen und erfüllt werden, z.B. gemeinsame Zeit/ Aktivitäten, gute Gespräche, Intimität, ähnliche Zukunftspläne und Sicherheit.
„Solve your solvable problems!“
Löse die Probleme, die tatsächlich lösbar sind, anstatt sich über unlösbare oder grundsätzliche Differenzen aufzureiben. Manche Themen können nie vollständig gelöst werden, da sie auf grundsätzlichen Charaktereigenschaften oder zu konträren Ansichten beruhen.
Wenn es um kleine Macken & Eigenheiten geht, die jeder von uns hat, kannst Du lernen diese zu akzeptieren & zu lieben.
Allerdings sollte Deine Kompromissbereitschaft nicht so weit gehen, dass Du Dich selbst unglücklich machst, indem Du in einer Beziehung/ Freundschaft bleibst, in der Dein Gegenüber zu widersprüchliche Bedürfnisse hat.
So schmerzhaft das auch ist, manchmal müssen wir akzeptieren, dass es nicht (mehr) sein soll.
Deine Möglichkeiten:
Erwarte keine Perfektion & lass Spielraum für die Persönlichkeit Deines Gegenübers.
Kommuniziert klar, welche Bedürfnisse Euch wichtig sind und was nicht verhandelbar ist (Grüne & rote Flaggen benennen).
Gehe auf die Bedürfnisse Deines Gegenübers ein. Überlege Dir z.B. gemeinsame Aktivitäten, die Euch beiden Freude bereiten.
Stelle Deine eigenen Bedürfnisse an erste Stelle. Wenn es Dir gut geht, profitieren auch Deine Beziehungen.
2.
Du entschuldigst das Verhalten Deines Gegenübers
Schon mal gehört: „Sie ist eben so, weil sie eine schlimme Kindheit hatte?“ oder „In seiner Kultur lernt man das so“?
Natürlich stecken hinten solchen Aussagen profunde Wahrheiten.
Das ist eine Erklärung, aber KEINE Entschuldigung oder ein Freifahrtschein.
Mach Dir bewusst, dass Dein Gegenüber die volle Verantwortung für sein Verhalten trägt und es nicht Deine Aufgabe ist dieses zu verteidigen oder im schlimmsten Fall sogar als Ventil für Unzufriedenheit herzuhalten.
Deine Möglichkeiten:
Sprich Trigger offen an, die nichts mit Dir zu tun haben. Vielleicht kann es Dein Gegenüber selbst nicht erkennen.
Unterstütze Deinen Gegenüber bei der Aufarbeitung seiner Vergangenheit, aber lass die Verantwortung bei ihm/ihr.
Therapie/Coaching, Bücher/Podcasts, Journaln, Achtsamkeitsübungen etc. können helfen
3.
Du machst Deinen Selbstwert vom Gegenüber abhängig
Oftmals eher ein Frauenthema: Ich habe es in meiner ersten Beziehung selbst so gemacht und oft beobachtet: Wie Menschen, die frisch in neuen Beziehungen sind die Interessen & Einstellungen der Partner übernehmen, den Tagesplan nach ihm/ihr ausrichten & die eigenen Bedürfnisse hinten anstellen.
Bedeutet Liebe für Dich sich aufzuopfern und Dich Deinem Freund, Partner oder der Familie anzupassen? Und fühlst Du Dich nur dann wertvoll & geliebt, wenn diese Liebe von außen bestätigt wird?
Leider funktioniert das nicht so mit dem Selbstwert.
Du musst Dir selbst diese Liebe schenken & Deinen Wert anerkennen! Alles andere ist nie von Dauer und führt oft zu einer sehr ungesunden Abhängigkeit, die Deine Beziehung belasten wird.
Deine Möglichkeiten:
Trainiere Deinen Selbstwert wie einen Muskel:
Behandle dich selbst so, wie einen guten Freund. Sprich positiv mit Dir und akzeptiere, dass Fehler & Misserfolge dazu gehören.
Liste Deinen Stärken, Fähigkeiten & Erfolgen auf, nimm sie Dir immer zur Hand, wenn es Dir nicht gut geht oder Du an Dir zweifelst.
Feier Deine Erfolge, auch die alltäglichen.
Stelle Dich neuen Herausforderungen (fang klein an & steigere Dich), denn erworbene Kompetenzen & Wissen machen Dich selbstbewusster.
Ein Beispiel: Als ich vor 2 Wochen meine ersten 5 km gejoggt bin – das war sehr geniales Gefühl von Stolz & Bestätigung!
4.
Du wirst schlecht behandelt
Beleidigungen, Übergriffigkeit oder Aggression sind ein absolutes TABU & sollten niemals von Dir toleriert werden! Oft zeigen sich verletzende Verhaltensweise aber viel subtiler. Einer Freundin von mir wurde von ihrem Ehemann mal gesagt, dass sie zu dick sei, um für ihn attraktiv zu sein, er hat sie ständig mit „attraktiveren“ Frauen verglichen. Ein ehemaliger Freund von mir hat mir gesagt, dass ich aufgrund meiner Schüchternheit nicht sozial integrierbar wäre.
Diese so dahingesagten Aussagen sind destruktiv, haben keinerlei positiven Effekt und führen im schlimmsten Fall zu geringerem Selbstwert. Auch „nett“ gemeinte Aussagen, die Dich verletzten, solltest Du Dir nicht gefallen lassen!
Handlungsmöglichkeiten:
Sprich verletzende Aussagen offen an & bitte um eine andere Kommunikation.
Sollte sich das Verhalten nicht bessern, würde ich Dir empfehlen, Dich von dieser Negativität zurückzuziehen, wenn Du den Kontakt nicht ganz beenden möchtest oder kannst.
5.
Euch verbinden nicht (mehr) die gleichen Interessen oder Ziele fürs Leben
Dieser Punkt ist für Paare deutlich schwieriger zu naviergieren. Wenn einer auswandern möchte und der andere will sein ganzes Leben lang im gleichen Ort bleiben, wird es sehr schwierig einen Kompromiss zu finden, der beide Parteien glücklich macht.
Oftmals führen solch gravierenden Lebensentscheidungen zur Trennung bei Paaren und zur Entfremdung bei Freundschaften. Das Problem hier ist, dass die gemeinsamen Themen immer weniger werden. Auch bei weniger extremen Beispielen kann das Gefühl von Verbundenheit & Nähe verloren gehen.
Du redest wahrscheinlich auch am liebsten mit Personen, die Deine Situation am besten verstehen und unterstützen können, oder?
Deine Möglichkeiten:
Offene Gespräche führen: Was ist Dir & dem Anderem in der Beziehung wichtig? Welche Werte & langfristigen Ziele teilt ihr, wo sind die Unterschiede?
Sucht aktiv nach verbindenden Themen – teil ihr die Leidenschaft fürs Reisen, für Bücher, Sport etc.? Kannst Du den Spark der Beziehung/Freundschaft neu entfachen?
Der emeinsame Nenner wird zu klein: Erzwinge nicht, was nicht mehr passt. Auch, wenn es schwer fällt. Akzeptiere & respektiere den Lebensweg des Anderen.
6.
Ihr habt eine schlechte Streitkultur
Streit gibt es in den besten Beziehungen und wir sollten Meinungsverschiedenheiten als eine normale Sache anerkennen, statt sie über zu dramatisieren. Aber streiten will und kann gelernt sein, denn oft streiten beide Parteien nicht auf die gleiche Art. Einer wird vielleicht laut & aggressiv, der andere zieht sich lieber zurück. Oftmals werden die Streits auch schnell zu persönlich, zu emotional und die Lage eskaliert.
Deine Möglichkeiten:
Nicht im Affekt streiten: Einfacher gesagt als getan, aber Stoppmechanismen können hilfreich sein. Beiden Parteien können runterzufahren, Gedanken sortieren und dann eine sachliche Debatte führen. Merke: was im Affekt gesagt wird, richtet großen Schaden an auch wenn es nicht so gemeint war.
Besprecht in einer guten Phase wie ihr streiten möchtet – was brauchst Du, was Dein Gegenüber in der Situation?
Ladet einander ein offen, ehrlich und direkt anzusprechen, was stört, anstatt Themen ewig aufzustauen.
Lasst Euch auch im Streit wissen, dass ihr euch immer noch lieb habt & respektiert, denn oftmals facht Angst vor Verlust die Lage noch mehr an.
7.
Was Du gibst wird nicht erwidert
Ganz ehrlich: Möchtest Du eine Beziehung führen, die das, was Du selbst gibst nicht ausreichend erwidert? Egal ob gemeinsame Zeit, liebe Gesten, Haushalt gemeinsam führen.
Dabei geht es nicht um 50/50 zu jeder Zeit. Manchmal darf es auch 70/30 sein, wenn einer gerade eine schwierige Phase erlebt. Es geht um Ausgewogenheit, um ungefähr gleiches Bemühen beiderseits.
EIne unschöne Wahrheit: “Ich habe keine Zeit“ ist eine Lüge. Zeit hat man nicht, Zeit nimmt man sich. Natürlich gibt es Situationen, wo das der Wahrheit entspricht, weil viel ansteht. Aber sollten sich diese Aussagen über Wochen oder Monate ziehen, dann möchte Dir die Person eigentlich damit sagen, dass sie sich keine Zeit nehmen möchte.
Deine Möglichkeiten:
Sprich offen an, was Dir fehlt, was Dich stört – Dein Gegenüber kann keine Gedanken lesen. Könnt ihr einen passenden Kompromiss finden?
z.B. regelmäßige Check-ins: Anrufe, Nachrichten, Besuche, um die Beziehung lebendig zu halten. Plant besondere gemeinsame Aktivitäten, die für beide Seiten bedeutsam sind, auch wenn sie seltener stattfinden.
Falls sich die Intensität oder Nähe natürlich verändert/ reduziert – kommt es für Dich in Frage, Deinen Einsatz ebenfalls zu reduzieren?
Setzte klare Grenzen für Dich selbst, womit fühlst Du Dich wohl, was passt nicht.
8.
Kein Gefühl von Sicherheit und Verlässlichkeit
Wen könntest Du mitten in der Nacht anrufen, wenn die Kacke am dampfen ist?
Auf wen ist Verlass, wenn Du dringend Unterstützung brauchst?
Als es meinem Vater vor einigen Tagen sehr schlecht ging, wusste ich ganz genau, wem ich schreiben kann – und ich habe ganz wundervollen Beistand erhalten. Ich habe mich aufgefangen und sicher gefühlt, wusste ich stehe in so einer Situation niemals alleine da.
Ist nicht genau das der Sinn von Freund- & Partnerschaften und Familie? Wenn das selten oder nie gegeben ist – why bother?
Auch Unberechenbarkeit in Form von heiß & kalt (mal überschwänglich fürsorglich, dann wieder ignorant & kalt) sind schwierig zu managen, da Du nie so richtig weißt, woran Du bist & wie Du Dich verhalten sollst.
Deine Möglichkeiten:
Gibt es „wir können über alles reden“ Menschen schon in Deinem Leben?
Dann nimm es nicht als selbstverständlich, sondern erhalte die Beziehung aktiv mit Deiner Zeit & liebevollen Gesten.
Gibt es sie noch nicht? Wer von Deinen Bekannten könnte zu so einem Menschen werden? Welche Beziehungen kannst Du intensivieren?
Wo & Wie kannst Du ggf. neue Menschen kennenlernen?
9.
Keine Ehrlichkeit
Ehrlichkeit ist meiner Meinung nach der wichtigste Faktor überhaupt für das Gelingen einer jeden Beziehung und spricht auch immer für Respekt.
In gesunden Beziehungen sollte es IMMER erlaubt sein, auszusprechen, was Du wirklich denkst, auch, wenn es nicht immer nur schöne Themen sind!
Ich habe es selbst schon oft erlebt, dass Menschen nicht ehrlich mit ihren Mitmenschen (und teilweise auch sich selbst) sind, weil sie fürchten dann nicht mehr gemocht zu werden oder weil denken es wäre "einfacher" Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg zu gehen.
Am Ende des Tages tust Du damit aber niemanden einen Gefallen! Deinem Gegenüber nicht, dem vielleicht eine Möglichkeit entgeht etwas zu lernen und Dir erst recht nicht, da Du Dich verstellen musst. Und das ist auf Dauer einfach nur sau anstrengend!
Dass immer der Ton immer die Musik macht, sollte natürlich selbstverständlich sein.
Handlungsmöglichkeiten:
Geh als gutes Beispiel voran: Üb Dich in Ehrlichkeit. Hör auf Ja zu sagen, wenn Du Nein meinst.
Meinungsverschiedenheiten sind Teil jeder gesunden zwischenmenschlichen Interaktion und bedeuten NICHT, dass man sich nicht gern hat. Je öfter Du Dich aktiv an diese heran wagst und Dich ausprobierst, desto einfacher wird es.
Reflektiere wie oft Du zu wem unehrlich bist und warum. Welche Konsequenzen hat das für Dein Wohlbefinden und die Beziehung?
Wenn wir neue Leute kennenlernen, sind wir oft extra höflich & kompromissbereit. Zeig Dich von Anfang an authentisch, um spätere Verwirrungen zu vermeiden.
10.
Deine Beziehung wächst nicht mit
Jede Beziehung sollte sich sich im Laufe ihrer Lebenszeit verändern. Weil wir uns selbst ständig verändern, andere Bedürfnisse & Lebensziele entwickeln, wir einen neuen Lebensabschnitt mit neuen Herausforderungen beginnen.
Alles in der Natur, was sich nicht weiterentwickelt und wächst, stirbt.
Wie oft hast Du es erlebt, dass die Menschen in Deinem Umfeld die Veränderungen in Deinem Leben als negativ oder bedrohlich wahrgenommen haben?
Dich versuchen klein halten, Dir Deine neuen Interessen oder Träume ausreden wollen, anstatt Deine Ziele zu unterstützen?
Das sind Beispiele dafür, dass diese Personen nicht mir Dir mitwachsen. Sie wollen lieber, dass Du so bleibst, wie sie Dich kennen.
Deine Möglichkeiten:
Sprich über Deine Bedürfnisse, Ziele, Interessen & Veränderungen. Erkläre warum diese Entwicklung wichtig für Dich ist. Dies schafft Verständnis und gibt den anderen die Möglichkeit, sich darauf einzustellen und Dich zu unterstützen.
Jemand versucht, dich klein zu halten? Setze klare Grenzen. Lass diese Personen wissen, dass Du ihre Meinung respektierst, aber auch, dass Du Deinen Weg gehen wirst.
Pflege Beziehungen, die ähnliche Ziele oder Interessen teilen, und vernetze dich aktiv mit neuen Personen, die deine Weiterentwicklung fördern können.
Was ist für Dich am wichtigsten in Deinen Beziehungen? Welches der 10 Anzeichen für eine kaputte Beziehung ist für Dich gerade oder in der Vergangenheit schon mal ein Thema gewesen? Welches ist Deiner Erfahrung nach am schwierigsten umzusetzen & warum?
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